Druck­ver­si­on

Patentrecht

Über Jahr­zehn­te haben die von uns geführ­ten Pro­zes­se die höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung im Patent­recht maß­geb­lich mit­ge­stal­tet. In den letz­ten Jah­ren haben wir beson­ders vie­le Fäl­le beglei­tet, in denen der Bun­des­ge­richts­hof grund­le­gen­de Fra­gen der mit­tel­ba­ren Patent­ver­let­zung und der Äqui­va­lenz zu ent­schei­den hatte.

Patent­recht

Über­tra­gungs­leis­tungs­steue­rungs­ver­fah­ren – BGH GRUR 2022, 813
Der BGH prä­zi­siert in die­ser Ent­schei­dung die Vor­aus­set­zun­gen, die im Hin­blick auf eine für die Aus­führ­bar­keit hin­rei­chen­de Offen­ba­rung gel­ten. Die in der Patent­be­schrei­bung ent­hal­te­nen Anga­ben müs­sen dem Fach­mann wenigs­tens so viel an tech­ni­scher Infor­ma­ti­on ver­mit­teln, dass er sein Fach­wis­sen und Fach­kön­nen ergän­zend für die Aus­füh­rung der Erfin­dung her­an­zie­hen kann. Dazu muss die Patent­schrift zumin­dest ansatz­wei­se erken­nen las­sen, durch wel­che Mit­tel und auf wel­che Wei­se die bean­spruch­te tech­ni­sche Leh­re ver­wirk­licht wer­den kann. Die­sem Erfor­der­nis ist nicht genügt, wenn die Patent­schrift ledig­lich stich­wort­ar­tig ein abs­trak­tes Ziel vor­gibt, ohne auch nur andeu­tungs­wei­se dar­über Auf­schluss zu geben, wie die­ses Ziel erreicht wer­den kann.

Sicher­heit von Trans­ak­tio­nen zwi­schen infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­ten­den Sys­te­men – BGH MMR 2020, 233
In die­sem Nich­tig­keits­be­ru­fungs­ver­fah­ren war zu ent­schei­den, wel­che Lösung für den Fach­mann bei der Kom­bi­na­ti­on zwei­er Doku­men­te nahe­ge­le­gen hat, wenn in bei­den Doku­men­ten jeweils unter­schied­li­che Vor­ge­hens­wei­sen zur Erhö­hung der Sicher­heit von Trans­ak­tio­nen vor­ge­schla­gen wer­den: Der Aus­tausch der einen Lösung durch die ande­re, oder eine Kom­bi­na­ti­on bei­der Lösungen.

Cer-Zir­ko­ni­um-Misch­oxid I + IIBGH GRUR 2019, 713 und 718
In zwei Fäl­len betref­fend Paten­te aus dem Bereich der Zusam­men­set­zun­gen, die als Aus­gangs­ma­te­ri­al für 3‑We­ge-Kata­ly­sa­to­ren die­nen, hat­te der BGH über ver­schie­de­ne grund­sätz­li­che Fra­gen betref­fend die Aus­führ­bar­keit bei ein­sei­tig offe­nen Wer­te­be­rei­chen und die Nach­ar­bei­tung von Ver­su­chen aus dem Stand der Tech­nik zu entscheiden. 

Beschich­tungs­ver­fah­ren – BGH GRUR 2016, 1257
Die­se Ent­schei­dung ent­wi­ckelt die Recht­spre­chung zu Gebrauchs­vor­tei­len in der Mit­er­fin­der­ge­mein­schaft wei­ter. Wenn Mit­er­fin­dern gemein­schaft­lich Rech­te an der Erfin­dung zuste­hen, dann ist die nur im eige­nen Namen vor­ge­nom­me­ne Patent­an­mel­dung durch einen Mit­er­fin­der nicht gerecht­fer­tigt. Dadurch wird das Recht der ande­ren Mit­er­fin­der an der Erfin­dung als abso­lu­tes Rechts­gut ver­letzt. Der über­gan­ge­ne Mit­er­fin­der kann Scha­dens­er­satz ver­lan­gen, was einen Aus­gleich für Gebrauchs­vor­tei­le einschließt.

Kfz-Stahl­bau­teil – BGH GRUR 2016, 265
Der BGH prä­zi­siert sei­ne Recht­spre­chung zur Patent­v­in­di­ka­ti­on. Der Patent­an­spruch ist zunächst aus­zu­le­gen und dann zu ver­glei­chen mit dem schöp­fe­ri­schen Bei­trag, den der Vin­di­ka­ti­ons­klä­ger für sich in Anspruch nimmt. Dabei ist zu unter­su­chen, inwie­weit die Leh­re des Patent­an­spruchs mit der­je­ni­gen über­ein­stimmt, deren wider­recht­li­che Ent­nah­me gel­tend gemacht wird. Die schöp­fe­ri­sche För­de­rung muss nicht not­wen­di­ger­wei­se Ein­gang in den Patent­an­spruch gefun­den haben. Es kann aus­rei­chen, wenn damit auf dem Wege zur end­gül­ti­gen Gestalt der Erfin­dung bei­getra­gen wurde.

Palet­ten­be­häl­ter IIIBGH GRUR 2012, 1122
Der BGH prä­zi­siert sei­ne Recht­spre­chung zur Gleich­wir­kung bei der Äqui­va­lenz­prü­fung. Wenn sich dem Patent­an­spruch durch Aus­le­gung Min­dest­an­for­de­run­gen an die Quan­ti­tät oder Qua­li­tät einer bestimm­ten Lösung ent­neh­men las­sen, dann ist ein abge­wan­del­tes Mit­tel, das die­sen Anfor­de­run­gen nicht gerecht wird, nicht als gleich­wir­kend anzu­se­hen. Es fällt auch nicht als ver­schlech­ter­te Aus­füh­rungs­form in den Schutz­be­reich des Patents.

Palet­ten­be­häl­ter IIBGH GRUR 2012, 1118
Es han­delt sich um eine Grund­satz­ent­schei­dung zur Abgren­zung zwi­schen erlaub­tem bestim­mungs­ge­mä­ßem Gebrauch und patent­ver­let­zen­der Neu­her­stel­lung. Maß­geb­lich für die Beur­tei­lung ist laut BGH die Ver­kehrs­auf­fas­sung. Wird der Palet­ten­be­häl­ter als wert­los ange­se­hen, wenn sei­ne Innen­bla­se aus­ge­tauscht wer­den muss, so ist der Aus­tausch patent­ver­let­zen­de Neu­her­stel­lung. Rech­net der Ver­kehr jedoch damit, dass die Innen­bla­se wäh­rend der Lebens­dau­er des Palet­ten­be­häl­ters aus­ge­tauscht wer­den wird, so ist zu prü­fen, ob sich in der Innen­bla­se die tech­ni­schen Wir­kun­gen der Erfin­dung widerspiegeln.

Win­kel­mess­ein­rich­tung – BGH GRUR 2011, 40
In die­ser Ent­schei­dung akzep­tiert der BGH erst­mals die Dis­clai­mer-Lösung in Fäl­len der unent­rinn­ba­ren Fal­le”, in denen der Anspruch eines erteil­ten Patents ein Merk­mal ent­hält, wel­ches den Schutz­be­reich unzu­läs­sig erwei­tert. Die Ent­schei­dung wur­de inzwi­schen für deut­sche Tei­le Euro­päi­scher Paten­te bestä­tigt (GRUR 2015, 573 – Wundbehandlungsvorrichtung).

Rohr­schweiß­ver­fah­ren – BGH GRUR 2007, 773
Die­se Ent­schei­dung zur mit­tel­ba­ren Patent­ver­let­zung beschäf­tigt sich mit einer Fall­ge­stal­tung, in wel­cher ein paten­tier­tes mehr­stu­fi­ges Ver­fah­ren auf ver­schie­de­nen Han­dels­stu­fen durch­ge­führt wird, wobei die­je­ni­gen Per­so­nen, die den ers­ten Teil des Ver­fah­rens durch­füh­ren, eine Lizenz besit­zen, die­je­ni­gen, die ein Mit­tel zum Durch­füh­ren des zwei­ten Teils in Ver­kehr brin­gen, jedoch nicht.

Hau­benstret­ch­au­to­mat – BGH GRUR 2007, 679
In die­ser wei­te­ren Ent­schei­dung zur mit­tel­ba­ren Patent­ver­let­zung prä­zi­siert der BGH die Anfor­de­run­gen an die Offen­sicht­lich­keit der Bestim­mung zur patent­ge­mä­ßen Benut­zung durch den Drit­ten. Des Wei­te­ren befasst sich die Ent­schei­dung mit der Ein­schrän­kung des Unter­las­sungs­an­spru­ches bei Mit­teln, die auch patent­frei ein­ge­setzt wer­den kön­nen. Schließ­lich erläu­tert der BGH die Grund­sät­ze bei der Ermitt­lung des vom mit­tel­ba­ren Patent­ver­let­zer zu leis­ten­den Scha­dens­er­sat­zes und den Umfang des ent­spre­chen­den Rech­nungs­le­gungs- und Auskunftsanspruches.

Antriebs­schei­ben­auf­zug – BGH GRUR 2005, 848
Im Anschluss an die Luft­heiz­ge­rät-Ent­schei­dung (sie­he unten), prä­zi­siert die­se wei­te­re rich­tungs­wei­sen­de Ent­schei­dung zur mit­tel­ba­ren Patent­ver­let­zung zum einen die Aus­le­gung der objek­ti­ven und sub­jek­ti­ven Tat­be­stands­merk­ma­le des § 10 PatG, wonach der Lie­fe­rant wis­sen oder es auf­grund der Umstän­de offen­sicht­lich sein muss, dass das Mit­tel zur Benut­zung der Erfin­dung geeig­net und bestimmt“ ist, und erläu­tert die Anfor­de­run­gen, die an den Nach­weis die­ser Tat­be­stands­merk­ma­le gestellt wer­den, wenn das Mit­tel auch patent­frei benutzt wer­den kann. Zum ande­ren legt der BGH fest, wel­chen Scha­den der mit­tel­ba­re Ver­let­zer dem Patent­in­ha­ber erset­zen muss.

Schneid­mes­ser IIBGH GRUR 2002, 519
Die Ent­schei­dung ist eines von fünf gleich­zei­tig ergan­ge­nen Urtei­len des BGH, die grund­sätz­li­che Aus­füh­run­gen zum Patent­schutz unter dem Gesichts­punkt der Äqui­va­lenz und zum Schutz­um­fang bei Zah­len- und Maß­an­ga­ben enthalten.

Luft­heiz­ge­rät – BGH GRUR 2001, 228
Der BGH for­mu­liert die zur­zeit gül­ti­gen Maß­stä­be für die Fest­stel­lung einer mit­tel­ba­ren Patent­ver­let­zung, ins­be­son­de­re zur Ver­wirk­li­chung des sub­jek­ti­ven Tat­be­stan­des (Vor­satz) und zur Berück­sich­ti­gung von Erfah­run­gen des täg­li­chen Lebens.

Spann­schrau­be – BGH GRUR 1999, 909
In die­ser Ent­schei­dung fin­den sich wesent­li­che Prä­zi­sie­run­gen zur Bestim­mung des Schutz­be­reichs von Paten­ten. Unter Ein­be­zie­hung von Auf­ga­be und Lösung wird stär­ker als bis­her die beson­de­re Bedeu­tung einer funk­tio­na­len Betrach­tungs­wei­se betont. Außer­dem wird fest­ge­stellt, dass der Inhalt der im Patent ver­wen­de­ten Begrif­fe aus dem Patent her­aus zu bestim­men ist und vom all­ge­mei­nen Ver­ständ­nis abwei­chen kann (Patent­schrift als eige­nes Lexikon“).

Befes­ti­gungs­vor­rich­tung IIBGH GRUR 1991, 436
Die Ent­schei­dung ent­hält die noch heu­te gül­ti­gen Abgren­zungs­kri­te­ri­en dazu, wann eine abhän­gi­ge Erfin­dung vor­liegt und wann eine ihrer­seits paten­tier­te Ver­let­zungs­form auch nach der Äqui­va­lenz­leh­re nicht in den Schutz­be­reich des Patents fällt.

Ethofu­me­sat – BGH GRUR 1990, 997
Der BGH befasst sich mit der Fra­ge, ob dem Benut­zer eines Patents vor Ein­füh­rung des § 11 PatG 1981 ein Ver­suchs­pri­vi­leg zustand. Unter dem Gesichts­punkt der Fol­gen­be­sei­ti­gung einer fort­wir­ken­den Rechts­be­ein­träch­ti­gung gemäß § 1004 BGB bejaht er eine zeit­li­che Erstre­ckung des Patent­schut­zes bei patent­ver­let­zen­den Vor­be­rei­tungs­hand­lun­gen, die einen als­bal­di­gen Markt­zu­tritt nach Ablauf der Patent­schutz­dau­er ermög­li­chen sol­len. Es han­delt sich um die Vor­läu­fer­ent­schei­dung zu den wei­te­ren BGH-Urtei­len Kli­ni­sche Ver­su­che I und II“ (GRUR 1996, 109 und Mitt 1997, 253) und der BVerfG-Ent­schei­dung Kli­ni­sche Ver­su­che“ (GRUR 2001, 43), an denen ros­patt osten pross eben­falls betei­ligt war.

Befes­ti­gungs­vor­rich­tung I – BGH GRUR 1987, 280
Der BGH stellt fest, dass die Regel, wonach bei der Aus­le­gung des Patents nur sol­cher Stand der Tech­nik berück­sich­tigt wer­den darf, wel­cher in der Patent­schrift erwähnt ist, bei der Ermitt­lung des Schutz­be­reichs unter dem Gesichts­punkt der Äqui­va­lenz nicht gilt.

Schieß­bol­zen – BGH GRUR 1979, 149
Mit die­ser Ent­schei­dung stellt der BGH klar, dass rei­ne Zweck­an­ga­ben inner­halb eines Vor­rich­tungs­an­spruchs nicht schutz­be­reichs­be­schrän­kend wirken.

Metro­nid­azol – BGH GRUR 1975, 425
Der BGH bestimmt in einer Grund­satz­ent­schei­dung die Vor­aus­set­zun­gen zur Ver­wirk­li­chung von Ver­fah­rens­an­sprü­chen mit äqui­va­len­ten Mitteln.